Wenn die Natur ruft, will’s keiner gewesen sein. Der Toilettengang beim Campen war auch lange Zeit ein wenig adressiertes Thema. Denn wer redet gerne über Stuhlen in der Öffentlichkeit? Die Trenntoilette hat das Thema nun salonfähig gemacht.
Caravaning vs. Vanlife
Die grossen Caravans sind in der Regel mit einer vollwertigen Nasszelle inklusive Chemietoilette ausgestattet, wodurch sich das übelriechende Thema bei der Entsorgungsstation erledigt. Zumindest, wenn die Caravanisten entsprechende Entsorgungsstationen anfahren! Wir haben alles schon gesehen…leider. Der Klassiker Bulli & Co, der aktuell seine Renaissance erlebt, muss jedoch wegs Platzbedarf im Regelfall ohne Toilette reisen. Wenn es da mal kein Café oder eine öffentliche Toilette in der Nähe gibt, ist es dann mal schnell mal Busch, Wald oder Wiese.
Die Dosis macht das Gift
Beim Wandern oder generell beim draussen unterwegs sein drückt die Blase jeden einmal. Wer das Gegenteil behauptet, der besteht nur auf alternative Fakten. Und wenn in einem Wald oder am Berg (aber bitte nicht direkt im Klettersteig!?) dann doch mal blank gezogen wird, dann ist es meistens kein Problem. Statistisch gesehen pinkelt dann einmal im Jahr eben einer an den Baum oder hockt sich hinter den Busch, der nächste Regen und die Natur kümmert sich dann um den Rest. Aber wenn dann plötzlich jeden Tag einer kommt und seinen Ballast entlädt, dann ist der Spass einfach vorbei. Und da durch die Community- und Stellplatz-Apps zum Teil vereinzelte Plätze mit hoher Frequenz angefahren werden, wird es für alle Beteiligten eigentlich untragbar.
Camping in allen Lebenslagen
Ich selbst habe ein Jahr unter der Woche im Camper verbracht. Der Stellplatz war direkt an der Stadtgrenze von München und zum Teil auch von LKW-Fahrern frequentiert oder im hinteren Bereich von mir sowie meinen 3 anonymen Camper-Buddies. Von dort aus starteten viele Leute auch ihre Bike- oder Lauftouren in die umgebende Natur, so dass tagsüber einiges an Menschen unterwegs war. Und ich sag’s Euch, als der Sommer kam, waren die Büsche voll mit Pipi-Papier und sonstigem Müll.
Bei langen Arbeitstagen und dadurch Zugang zur Infrastruktur war das prekäre Thema tagsüber für mich kein Problem. Doch abends, wenn ich mich auf meinen gewohnten Stellplatz stellte, war die Blase irgendwann auch mal voll. Da ich jedoch Stammgast an dem Stellplatz war, ist es mir ein Anliegen gewesen ihn so sauber zu hinterlassen, wie ich ihn vorgefunden habe. Einfach um keine Plattform für etwaige Beschwerden zu bieten. Daher habe ich mir ein kleines Porta-Potti zugelegt. Dies ist eine Chemietoilette im Miniformat. Die Camper-Buddies verliessen nach dem Einparken ihre Camper auch nicht, daher gehe ich davon aus, dass ebenfalls vergleichbares an Board war. Woher kam dann also das ganze Pipi-Papier? Nicht von den Campern auf alle Fälle.
Chemietoilette
Es gibt sie in allen Grösse und Ausführungen, doch das Prinzip ist immer das gleiche. Klodeckel auf, Tankabtrennung auf, hinhocken und los. Alle Ausscheidungen werden in einem Schwarzwassertank aufgefangen, mit Spülwasser nachgespült und dann wieder mit der Abtrennung zum Tank luftdicht abgeschlossen. Das Spülwasser kann man mit Duftwässerchen aufpeppen und in den Schwarzwassertank kommt die besagte Chemie, die einerseits die Zersetzung der festen Bestandteile (auch Klopapier) beschleunigen soll und andererseits für Duft und Desinfektion sorgt. Es gibt zwar mittlerweile vermeintliche ökologische Produkte, die eine Entsorgung in den regulären Abfluss legitimieren soll, der Rest jedoch sollte nur zu dafür vorgesehenen Entsorgungsstellen.
Chemietoilette Light
Wer sich damit zufriedenstellt auf der Toilette nur Number One zu erledigen, der kommt bisweilen auch komplett ohne Chemie aus. Ich selbst hatte nur mit Essig als „Chemie“-Alternative und etwas Bio-Universalreiniger gearbeitet. Nach 3 bis 4 Tagen, auch im heissen Hochsommer, kein Problem mit Geruch und entsorgen konnte ich den Tankinhalt auch guten Gewissens in der heimischen Toilette. Auf dem gleichen Gedanken beruhen auch die modernen oder neu-vermarkteten Trenntoiletten, sprich nur ein Aggregatzustand pro Behälter.
TrockenTrennToilette
Der Sinn der Trockentrenntoilette ist, wie der Name schon sagt, die Trennung von festen und flüssigen Ausscheidungen. Durch einen Urinabscheider, der sich im vorderen Teil der Toilettenkonstruktion befindet, wird die Flüssigkeit in einen dafür vorgesehenen Kanister aufgefangen. Anatomisch bedingt befindet sich ein weiterer Behälter mit einem Beutel versehen im hinteren Bereich der Toilette. Überspitztes Fazit: wir haben uns vom Hund weiterentwickelt, und koten direkt in eine Tüte. Den Urinbehälter kann man entsprechend ohne Chemiebeimischung problemlos in den Abfluss giessen, doch wohin mit der nun gefüllten Tüte?
Restmüll ist nicht gleich Restmüll
Ja, der Ekel vor Fäkalien ist in unserer Gesellschaft tief verankert. Zumindest vor den nicht eigenen ist es nachvollziehbar. Daher bin ich auch nicht wirklich von der Idee überzeugt den „Beutel“ einfach so in den Restmüll zu schmeissen. Irgendwo wird der Müll verladen, manchmal reissen Tüten auf und ach, das Szenario in der Mülldeponie will man sich gar nicht vorstellen. Andererseits werden die Küttel aus Katzenklos ja auch in den Restmüll befördert und dem Himmel sei Dank sammeln die Hundebesitzer die Hinterlassenschaften mittlerweile auch konsequent auf – und entsorgen es im dafür vorgesehenen Mülleimer. Ist es also wirklich ok, Number Two im Beutel einfach so in den Restmüll zu schmeissen? Man darf es, aber ob man sollte…ich weiss ja nicht.
Utopie der Kompostierung
Da das Entsorgungsthema auch bei den verschiedenen Herstellern ein Spiessrutenlauf ist, wird oft auf die Möglichkeit der „Kompostierung“ verwiesen. Entweder über den eigenen Kompost oder an einer Kompostsammelstelle. Wer mit dem Camper unterwegs ist, hat seinen Kompost ja meistens nicht dabei…die prall gefüllten Beutel den ganzen Vanlife-Trip mit sich rumfahren, ist bestimmt auch nicht die goldene Lösung. Und ehrlich gesagt, würdest Du Deinen Restmüll im eigenen Kompost entsorgen wollen? Dann bleibt nur die Kompostsammelstelle. Doch ob meine Beutelchen dort mit offenen Armen empfangen werden, will ich auch nicht unbedingt ausprobieren.
Halbe Lösung mit Potenzial für die Notdurft
Nicht falsch verstehen, ich will hier kein Konzept schlecht machen. Höchstens einen Trend etwas rationalisieren. Die Idee ist spitze und der Umweltgedanke lobenswert, doch die Umsetzbarkeit im vollen Umfang geht für mich noch nicht ganz auf. Daher ist und bleibt die Toilette im Camper, ob nun Porta-Potti oder doch die Trenntoilette, ausschliesslich ein stilles Örtchen exklusiv dem Wasserlassen vorbehalten. Feste Ausscheidungen gehören weiterhin in eine Toilette mit Kanalisationsanschluss, z.B. im nächstgelegenen Restaurant oder Café. Tritt der Notfall mal ein, dann ist die Trenntoilette mit Sicherheit das Mittel zur Wahl, aber man versucht es zu vermeiden.
Trend mit positivem Effekt
Der plötzliche Hype um die Trockentrenntoilette reisst mich für meinen Use-Case nicht unbedingt kann. Im direkten Vergleich zum Klassiker ergibt sich für mich beim Toilettengang grundsätzlich kein Unterschied. Dennoch finde ich es toll, dass endlich überhaupt mal darüber gesprochen wird! Und wenn es zig Youtube-Influencer braucht, um den Rest von „uns“ Vanlifer von einer Toilette an Board zu überzeugen, dann würdigen die Mittel eben den Zweck. Wichtig ist beim Camperleben nämlich vor allem der nachhaltigen Umgang mit der Umwelt und den Ressourcen. Bei den vielen Camper, die derzeit unterwegs sind, handelt es sich schon lange nicht mehr um Einzelfälle. Daher braucht es solche Trends, um das Camping langfristig für alle Beteiligten zu einem schönen Erlebnis zu machen.
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